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“Eine spezielle Ost-Erfahrung? Hm... Wenn man arbeitslos wird, geht davon die Welt nicht unter. Es passiert halt eben - und entweder man kriegt wieder einen Job oder nicht. Und selbst wenn nicht, dann muss man sich etwas anderes einfallen lassen, um sein Leben mit Inhalt zu füllen.
Im Osten ist Arbeitslosigkeit längst nicht die Schande und das persönliche Versagen, was es in Westdeutschland ist. Warum? Weil nach der Wende so gut wie alle plötzlich arbeitslos wurden. Kaum jemand, der seine alte Arbeit in irgendeiner Weise behalten hat.
Man wächst damit als eine Selbstverständlichkeit auf - es ist nicht wie in anderen Gegenden, wo es die großen westdeutschen Traditionsunternehmen noch mit ihren Standorten gibt, wo man sich snobistisch sagen kann “Oh, ja, wenn der seine Arbeit verliert, und keine neue kriegt, dann kann der ja nur ein Assi sein...”. Wenn dem so wäre, dann wären nach der Wende ca. 75% und mehr der gesamten Bevölkerung Ostdeutschlands solche Assis gewesen... Ein bisschen zu viel des Guten um realistisch zu sein, nicht? Außerdem äußerst respektlos.
Was man ihnen also als Ost-Deutscher daraus mit auf den Weg geben kann: Hören sie auf diese Erfahrungsberichte und lernen sie daraus. Durch die Globalisierung wird ihnen das früher oder später auch blühen. Einerseits, weil westdeutsche Unternehmen gern mit einer Technologie 1000 Jahre Geld verdienen wollen, aber zu dumm sind, zu bemerken, wenn der Fortschritt an ihnen vorüberzieht - die glauben, die Welt steht für 1000 Jahre in seiner Entwicklung still -, und zum anderen, im Rennen um den billigsten Erzeugerpreis kann man nicht gegen China gewinnen. Das wird einfach nicht erfolgreich sein. - Und dafür opfert man bereits jetzt die berühmt-berüchtigte “German quality” und die “deutsche Gründlichkeit”, nur um so billig und so schnell wie China oder Rumänien produzieren zu können. Wer in der Welt kauft dann noch deutsche Produkte zum etablierten Wucherpreis, wenn er dafür doch nur die selbe Qualität wie in China bekommt?
Also - gewöhnt euch schon mal dran!
Oder sucht euch einen neuen Lebensinhalt außer Geld, Kaufen, Urlaubsreisen und “Mein Haus, mein Boot, mein Pferd”. Der Ruhrpott ist bereits euer erster hauseigener Zeuge, wohin die Reise geht. Und selbst danach dreht sich die Welt weiter, ohne dass es jemanden interessiert wie es euch damit geht, ob ihr verarmt oder eure Stadt vor die Hunde geht.”
Im Osten ist Arbeitslosigkeit längst nicht die Schande und das persönliche Versagen, was es in Westdeutschland ist. Warum? Weil nach der Wende so gut wie alle plötzlich arbeitslos wurden. Kaum jemand, der seine alte Arbeit in irgendeiner Weise behalten hat.
Man wächst damit als eine Selbstverständlichkeit auf - es ist nicht wie in anderen Gegenden, wo es die großen westdeutschen Traditionsunternehmen noch mit ihren Standorten gibt, wo man sich snobistisch sagen kann “Oh, ja, wenn der seine Arbeit verliert, und keine neue kriegt, dann kann der ja nur ein Assi sein...”. Wenn dem so wäre, dann wären nach der Wende ca. 75% und mehr der gesamten Bevölkerung Ostdeutschlands solche Assis gewesen... Ein bisschen zu viel des Guten um realistisch zu sein, nicht? Außerdem äußerst respektlos.
Was man ihnen also als Ost-Deutscher daraus mit auf den Weg geben kann: Hören sie auf diese Erfahrungsberichte und lernen sie daraus. Durch die Globalisierung wird ihnen das früher oder später auch blühen. Einerseits, weil westdeutsche Unternehmen gern mit einer Technologie 1000 Jahre Geld verdienen wollen, aber zu dumm sind, zu bemerken, wenn der Fortschritt an ihnen vorüberzieht - die glauben, die Welt steht für 1000 Jahre in seiner Entwicklung still -, und zum anderen, im Rennen um den billigsten Erzeugerpreis kann man nicht gegen China gewinnen. Das wird einfach nicht erfolgreich sein. - Und dafür opfert man bereits jetzt die berühmt-berüchtigte “German quality” und die “deutsche Gründlichkeit”, nur um so billig und so schnell wie China oder Rumänien produzieren zu können. Wer in der Welt kauft dann noch deutsche Produkte zum etablierten Wucherpreis, wenn er dafür doch nur die selbe Qualität wie in China bekommt?
Also - gewöhnt euch schon mal dran!
Oder sucht euch einen neuen Lebensinhalt außer Geld, Kaufen, Urlaubsreisen und “Mein Haus, mein Boot, mein Pferd”. Der Ruhrpott ist bereits euer erster hauseigener Zeuge, wohin die Reise geht. Und selbst danach dreht sich die Welt weiter, ohne dass es jemanden interessiert wie es euch damit geht, ob ihr verarmt oder eure Stadt vor die Hunde geht.”
(no subject)
Date: 3 October 2020 12:23 pm (UTC)Wirtschaftspolitik aufzugeben und neoliberaler Doktrin zu opfern war und ist falsch. Der Markt regelt nichts. Auch staatsphilosophisch und -theoretisch kann es nicht sein, daß die Güterproduktion sich ohne Rückkopplung des Marktes global organisiert während die Gesellschaft, also die Absatzmärkte lokal organisiert sind. Das erzeugt künstlich einen Anbietermarkt, der beliebig Verknappung und damit höhere Preise durchsetzen kann. Das kann nicht gewünscht sein.
Daß es ökologisch eine Katastrophe ist, sieht man ja derzeit wunderprächtig. Auch den beschriebenen Effekt: Masken bekam in Corona-Hochzeiten der, der am meisten dafür zahlen konnte oder die Dinger einfach beschlagnahmt hat (wie es Deutschland mit für Italien bestimmten Masken getan hat).
Das geht so auf die Dauer nicht.
Die DDR hat Devisen aus dem Westen gebraucht, um Rohstoffe auf dem "freien Markt" zu kaufen und sich dafür verschuldet. Um die Schulden zu bezahlen mußten Devisen erwirtschaftet werden, also für den Export produziert werden. Etwas, worauf die DDR-Wirtschaft nicht eingerichtet war. Die war immer zur Bedarfsdeckung der eigenen Bevölkerung gestaltet, nie für kapitalistischen Wettbewerb. Das konnte nur ins Höschen gehen - ist es dann auch. Moloch hat den Osten gefressen. Die Sowjetunion ist am gleichen Problem gescheitert. Dabei waren es nicht einmal so sehr Konsumgüter, es waren Ausgaben für Militär und Infrastruktur, die Devisen aus dem Westen notwendig machten. Dazu eine schräge Politik, die es schwer machte, sich dauerhaft mit der DDR verbunden zu fühlen, die Werbung im Westen, die ja heute noch suggeriert, man könne sich alles kaufen ...
(no subject)
Date: 3 October 2020 01:10 pm (UTC)Deswegen habe ich meine Magenschmerzen damit, wenn heutige politische Aktivisten - gerade auch unter den westlich Linken (westlich allgemein, also auch USA usw.) - so an die Sache heran gehen wie als wenn man sich als Land als eine einsame Insel zurückziehen kann und dort sein eigenes Ding machen kann, völlig losgelöst vom Rest der Welt
Das ist völliger Unsinn, nicht realisierbar.
Die Einzigen, die das eventuell könnten, wären Russland, China und vielleicht noch die USA, weil ausreichende Mengen vom Hauptrohstoff "Öl" im eigenen Besitz haben.
Alle anderen müssen von außen zukaufen. Allein deswegen funktioniert das nicht.
Ideologisch ist man damals beim Sozialismus, bei den Parolen für den kleinen Mann jedenfalls, ähnlich 'rangegangen: So tun als ob man den Rest der Welt nicht braucht und sich nicht mit kapitalistischen Staaten doch notgedrungen hinstellen muss, weil die eventuell wichtige Handelsgüter liefern können, die man selbst nicht hat, die aber das eigene Volk will oder die man für die eigene Industrie braucht.
So globalisiert war die Welt schon damals, dass das nicht ging - oder man musste eben mit einigen Jahrzehnten technischen Rückstand leben.
Nun gut - hinten herum sah es ja hier anders aus, eher kamen die Knüppel zwischen die Beine aus Richtung Westen, dass man sich seine Güter überteuer bezahlen lassen wollte. Deswegen kam z. B. die hauseigene Computerbranche erst gen Ende der 80er in Gang - weil man vieles selbst entwickeln musste und auf keine Lizenzgenehmigungen aus dem Westen als Start zurückgreifen konnte (ein bisschen soll wohl Japan wenigstens in der Beziehung mit denen hier zusammengearbeitet haben).
...Das war aber gar nicht mal der Anlass von dem Beitrag hier, sondern etwas anderes, worauf ich, finde ich, kürzlich aufmerksam gemacht wurde, was mein Verstand vorher gar nicht so betrachtet hätte.
Wenn du aus dem Osten bist und diese Wendezeit in irgendeiner Form miterlebt hast (selbst wenn sogar nur als Kind), hast du allgemein ein ganz anderes Verhältnis zu Armut und zu Joblosigkeit als es in Westdeutschland der Fall ist.
Nach der Wende waren so ziemlich alle ihren alten Job los, Arbeitslosigkeit war normal. Es war kein reines "Wer keine Arbeit hat, ist selbst schuld!"-Ding wie das unter kapitalistischen Voraussetzungen gern gepredigt wird. Da wurden von heute auf morgen komplexe Strukturen zerschlagen und deswegen standen die Menschen plötzlich auf der Straße.
In dem Zusammenhang war es auch keine soziale Schande arm zu sein, denn viele andere waren das zum selben Zeitpunkt auch wegen der plötzlichen Arbeitslosigkeit.
In Westdeutschland, vernehme ich zumindest durch meine Gesprächspartner, auf die ich treffe, dass da diese beiden Themen noch wesentlich tabubehafteter waren/sind. Das ist erst eine allmählich wachsende Sache, dass Leute dort breitflächiger damit umgehen lernen und merken, es ist nicht das Ende der Welt. Und es hat auch nicht nur mit persönlicher Schwäche zu tun.
Mir ist das jedenfalls in dem Moment mal so richtig aufgefallen, dass das so eine kollektive Erfahrung ist, zu der ich kein emotional geprägtes Verhältnis habe (also auch nicht das Gefühl von Schande oder dergleichen), andere wiederum schon, und ich frage mich da jedes Mal "Worum geht es hier?", wenn andere über solche Gefühle im Zusammenhang damit sprechen.
Der Grund dafür liegt darin, dass "ich" die 90er - und auch die Folgejahrzehnte - im Osten in einer der (immer noch) ärmsten Gegenden der BRD mitgemacht habe. Armut und keine Erwerbstätigkeit haben ist für mich quasi wie etwas "normales". Eine Möglichkeit, die das Leben auch annehmen kann.