
Eigentlich interessiert es mich nicht sonderlich, aber wenn man unter Menschen lebt bekommt man zwangsläufig die Krisen ihrer Ordnung mit, auch wenn man dies nicht unbedingt will.
Eine interessante Feststellung: Ob es mangelhaft durchgreifende Justiz ist, leere Sozialkassen, private Zuzahlungen bei Gesundheitsleistungen der Krankenkassen, Privatisierungen von öffentlichen Gütern und Diensten oder Mangel an bezahlbarem Wohnraum - alles hat mehr oder weniger den gleichen Ursprung bzw. die gleiche Ursache.
Es liegt an der mehr oder minder ausgeprägten Zahlungsunfähigkeit des Staates.
Man muss dazu etwas weiterreichendes Wissen haben, wie der Kreislauf der Schulden und der Einnahmen von öffentlichen Haushalten im Groben funktioniert.
Im Grunde genommen drückt es sich so aus: Hat der Staat weniger Einnahmen, hat er weniger Geld zur Verfügung um seine öffentlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Als Folge davon muss er Kredite aufnehmen oder z. B. Staatsanleihen ausgeben, um an Geld zu kommen, um seine Dienste weiterhin in dem vorherigen Umfang ausführen zu können.
Kredite und Staatsanleihen sind an Zinsen gebunden, d. h. nicht nur, dass die Kreditsumme wieder zurückgezahlt werden muss, sondern auch ein kleiner Obolus.
Der Staat ist gezwungen, Mehreinnahmen zu machen - je nach dem, zu welchem Zeitpunkt die Summe wieder zurückerstattet werden soll.
Dies bedeutet den Punkt, der in der Realität wahrscheinlich ausgiebig in so gut wie jedem Land dieser Erde zu spüren ist: Neue Abgaben werden erfunden, oder bekannte werden angehoben; an Ausgaben des Staates für seine öffentlichen Dienste und Besitztümer wird gespart.
Dieser Kreislauf ist sichtbar seit Jahrzehnten im Gange; kein Konjunkturpaket und keine Erfindung der Welt haben es bisher hingekriegt, diesen Trend ins Gegenteil zu verkehren.
Es gibt niemals so viel Wachstum wie benötigt wird, um das entstehende und das bisherige Schuldenmeer einzudämmen.
Der Schuldenberg wächst weiter und weiter...
Das Problem an diesem Faktor "Wachstum" ist, unter anderem, dass die gesellschaftliche Tendenz viel zu rapide in Richtung "geringere Produktionskosten, geringere Preise" geht. Nicht nur von den Produzenten, sondern auch von den Konsumenten.
Wenn Ware billiger werden soll, dann gibt es immer irgendeine Komponente, an deren Ende gespart wird. Sei es die Qualität des Produkts, sei es die Zeit, in der es hergestellt wird, oder die Bezahlung der produzierenden Arbeiter.
Letzteres ist das Interessante, welches man sich in Bezug auf vielerlei tägliche Unannehmlichkeiten anschauen sollte.
Arbeiter, die immer mehr Stunden schufften müssen, bei gleich bleibendem oder sogar sinkendem Lohn, Niedriglohnjobs, mangelnder Gesundheits- und Arbeitsschutz - ein hektisches Leben, welches keine Zeit für Hobbys oder vergleichbares bietet, dass die Menschen mit der Zeit verrückt macht.
Wenn man das Lohnniveau einer bestehenden Bevölkerung auf diese Weise untergraben hat, greift man sich das nächste, um das Gleiche mit ihm zu tun - oder, um es schlauer anzugehen, dieses neue Volk zu benutzen, um das Niveau des ersten Volkes weiter abzusenken. Vorzugsweise eines, für das das niedrige Lohnniveau des ersten (ausgebeuteten) Volkes immer noch eine Steigerung ihres Lebensstandards darstellt.
Mit anderen Worten: Man öffnet, auf politischer Ebene, ein paar Staatsgrenzen, schafft Anreize dafür, dass Ausländer ins Land hinein kommen, um für das Lohniveau zu arbeiten, welches die einheimische Bevölkerung nicht mehr tragen kann.
Die Staatsmänner glauben daran, dass es ein einfacher Fachkräftemangel ist, der ihrem Land schadet und die Einnahmen schmilzt; dass es für bestimmte Tätigkeit zu wenig Personal im eigenen Land gibt, sodass man von außen geeignetes holen muss, um den Bedarf zu decken.
In Wahrheit ist es häufig dagegen ein zu weit abgesenktes Lohnniveau, welches für die einheimische Bevölkerung nicht mehr tragbar ist; sei es ganzheitlich oder nur in bestimmten Berufszweigen.
Das Einberufen von ausländischen Fachkräften, die bereit sich für ein geringeres Entgelt zu arbeiten, weil dieses für sie recht hoch ist, verstärkt dann den absenkenden Effekt in allen Bereichen des Arbeitslebens. (Lohn, Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten)
Die Einheimischen müssen also, insofern sie Arbeit wollen, immer weiter mit ihren Lohn- und Arbeitsansprüchen hinuntergehen, um überhaupt noch eine Erwerbstätigkeit zu bekommen.
Sinkende Löhne bedeuten aber nicht nur etwas schlechtes für die Arbeiter selbst, sondern auch für den Staat.
Durch die in Zahlen immer geringer ausfallenden abgeführten Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Anteile sinken gleichzeitig auch die Einnahmen für die davon abhängigen Kassen, z. B. Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Krankenversicherung und Rentenversicherung.
Mit anderen Worten, um es einmal drastischer zu formulieren: Wenn ein immer größer wachsender Anteil an Verdienenden einen "Knochenjob" für einen Tausender netto, oder noch schlimmer, zwei oder drei geringfügig entlohnte Jobs machen muss, um über die Runden zu kommen, dann ist es nicht verwunderlich, dass Krankenkassen, bei gleicher Bedürftigkeit der Bevölkerung, nicht mehr alle Behandlungen bezahlen kann, dass sich der Staat eine immer geringer ausfallende Sozialhilfe lediglich leisten kann oder dass man, wenn man alt und grau geworden ist, keine allzu üppige Rente erhalten wird.
Was nicht eingezahlt wurde, kann nicht ausgezahlt werden - oder nur mit Hilfe von Krediten.
Letzteres dürfte die Situation allerdings nur weiter verstärken...
Darum veräußert der Staat allerlei öffentliche Dienste und Eigentum in die Hände von privaten Firmen; weil er sie selbst nicht mehr bedienen kann. Einerseits bringen sie beim Verkauf Geld, zum anderen spart man zukünftige Kosten; diese hat nun der neue Eigentümer.
Der Nachteil an diesen Verkäufen ist allerdings: Die privaten Firmen können danach mit den Objekten anstellen, wonach ihnen der Sinn steht. Sie können Wohnungen kostenaufwendig sanieren und sie anschließend für einen erheblich höheren Preis veräußern.
Sie können beispielsweise öffentliche Verkehrsverbindungen einstellen, die für sie nicht erträglich genug sind.
Sie können auch, unter anderem, Objekte abreißen und neue dort hinstellen, welchen Kundenkreis auch immer sie mit ihrem Projekt ansteuern wollen...
Die Auswahl an Erscheinungen ist lang; wahrscheinlich wird das Phänomen "überschuldeter Staat" noch für weitere Unannehmlichkeiten verantwortlich sein als mir bisher aufgefallen sind.
Es ist außerdem, bei all den falschen Fokussierungen und oberflächlichen Argumentationen, von denen man seitens der Medien und der Menschen selbst (weil diese es so einfach haben wollen) beeinflusst wird, sehr schwer zu verstehen.
Ich weiß nicht, ob die Menschen überhaupt ihr eigenes System verstehen, ob es allein daran schon mangelt, und sie in Folge dessen immer wieder so viele dumme Fehler begehen.
Vielleicht wissen sie es auch (bestimmte Schichten) und sie fühlen sich erschlagen von dem Ausmaß, was hinter all dem steckt, worüber sie sich in ihrem täglichen Leben beklagen.
Vielleicht aber auch wollen sie nichts daran ändern, weil sie Angst davor haben, bestehende Hierarchien zu zerstören und ihre psychisch notwendigen Orientierungspunkte zu verlieren.
Solch ein Eindruck begegnet einem zum Beispielspiel beim Phänomen "Totschläger werden zu milde bestraft".
Die Menschen schreien nur nach drakonischen Strafen und regen sich über ein zu mildes Justizsystem auf, weil dies das Erste ist, was ihrem primitiven, emotional motivierten Verstand bei einer solchen Meldung entweicht.
Daran vielleicht zu denken, dass Häftlinge den Staat Geld kosten und er deshalb in bestimmten Gegenden (oder allgemein) zögert, einen nicht hundertprozentigen (überführten) Mörder einzusperren, darauf kommt in einem solchen Moment nämlich niemand von ihnen.
...Zugegeben, es ist vielleicht etwas abstrakt, zu dieser Erkenntnis als Ursache zu gelangen, weil man bei diesem Thema nicht gerade daran denkt; jedoch, ich halte es nicht für unmöglich, sie zu finden.
Es liegt daran, ob die Menschen wirklich so zivilisiert sind, wie sie sich gern bezeichnen möchten, oder ob sie im Grunde ihrer jeweiligen Wesen (allein) doch nur wilde Tiere sind, die nicht wirklich nach einer Antwort suchen, die nur einen Sündenbock suchen, den sie verbrennen können, um im Anschluss daran das gute Gefühl zu hegen, sie hätten ihre Ängste und Überlebenssorgen abgeschafft.